Physiklehrende als Regisseur*innen von Lernprozessen
Stärkung der Lehrperson durch fördernde Maßnahmen in den Bereichen Persönlichkeitsentwicklung, Kommunikation und Performanz innerhalb der Physiklehrendenausbildung mit besonderem Fokus auf Feedback und Selbstreflexion
Sebastian Hümbert-Schnurr
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Die fachdidaktische Seite der Lehramtsausbildung im Fach Physik orientiert sich in der Regel sehr stark am fachwissenschaftlichen und bildungswissenschaftlichen Inhalt. Konzepte zur didaktischen Aufbereitung fachlicher Inhalte, Fehlvorstellungen von Schülerinnen und Schülern, Lerntheorie oder das Experiment in seiner Funktion als "Frage an die Natur" und zur Prüfung von Hypothesen werden thematisiert und Planungshilfen für den Unterricht werden an die Hand gegeben. Eine "gute" Lehrperson zeichnet sich aber durch mehr als "nur" fachliche Kompetenz und ein umfangreiches Methodenrepertoire aus.
Zu den wichtigsten Faktoren für gelingenden Unterricht, auf welche die Lehrperson zudem einen entscheidenden Einfluss hat, gehört gerade die Lehrperson selbst (Hattie, 2012).Sie soll Begeisterung ausstrahlen, ein angenehmes und vertrauensvolles Klima in der Klasse etablieren, Fairness und Klarheit an den Tag legen und den Lernenden auf Augenhöhe begegnen ohne die eigene Autorität zu verlieren. Dies sind nur einige Beispiele aus einem ganzen Strauß von Kompetenzen, die zwar einerseits fachunabhängig wichtig sind, andererseits in den verschiedenen Disziplinen aber unterschiedliche Ausprägungen erfahren können. Bei Hattie fließen diese Aspekte der wirksamen Lehrperson im Rollenbild des Regisseurs ("activator, evaluator, change agent") zusammen (Hattie, 2015). Grundlegend für das Selbstverständnis und die Wirksamkeit Lehrender sind dabei unter anderem die folgenden Aspekte (Hattie, 2012, 2015; Wiggins, 2012):
1. Selbstkonzept (Lehrerrolle „Regisseur“, Verortung zwischen Pädagog*in und Wissenschaftler*in)
2. Selbstreflexion (Haltung der Lehrperson, Evidenzbasierung, Verortung im NoS-Diskurs)
3. Feedback (Techniken, Haltung, Konstruktivität, Respekt, Vollständigkeit, Fachlichkeit)
4. Performanz (Fürsorge, Kontrolle, Klarheit, Faszination, Beziehung).
Diese vier Aspekte in den physikdidaktischen Kontext einzuordnen ist wichtiger Bestandteil des Forschungsprojekts. Indem Selbstkonzept, Selbstreflexion, Feedback und Performanz in den Fokus genommen werden, soll eine Brücke zur Praxis geschlagen und den Studierenden bei der individuellen Entwicklung ihrer Lehrpersönlichkeiten geholfen werden.
Im Rahmen der Lehramtsausbildung im MEd Physik an der BUW wird dazu ein Konzept entwickelt und erprobt, das die genannten Kompetenzen stärken und ein positives Autonomie‐ und Kompetenzerleben der Studierenden in Hinblick auf das Praxissemester fördern soll. Als Testfeld dienen das Vorbereitungs‐ und Begleitseminar zum Praxissemester und, auf Grund seiner fachspezifischen Bedeutung, das Seminar „Experimentieren im Physikunterricht“ im MEdu Physik. Hier werden die genannten vier Aspekte thematisiert, praktisch erlernt und in Unterrichtsminiaturen trainiert. Dabei greifen die fachwissenschaftliche, die persönlichkeitsentwickelnde und die ästhetisch‐künstlerische Perspektive (Sommer, 2015) ineinander. Den Aspekten Feedback und Reflexion kommt dabei eine Sonderrolle zu, da sie nicht nur Lerngegenstände sind sondern auch grundlegende Strukturelemente der Seminare darstellen.
Die Erprobung des Konzepts soll evaluiert und seine Auswirkungen auf das Autonomie‐ und Kompetenzerleben der Studierenden vor Antritt und nach Abschluss des Praxissemesters untersucht werden.
Literatur
Hattie, J. (2012). Visible Learning for Teachers. Maximizing Impact on Learning. New York: Routledge.
Hattie, J. (2015). Lernen sichtbar machen. (W. Beywl & K. Zierer, Eds.) (3rd ed.). Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren GmbH.
Sommer, W. (2015). Teaching and Learning Physics: Performance Art Evoking Insight. The Physics Teacher, 53(9), 532–534.
Wiggins, G. (2012). Seven Keys to Effective Feedback. Educational Leadership, 70(1), 10–16.