Verstehen als Methode von Praxisforschung in künstlerischer/gestalterischer Arbeit, Kunstwissenschaften, Pädagogik und Kunstpädagogik
Projektleitung
Prof. Dr. Jochen Krautz (Kunstpädagogik)
Prof. Katja Pfeiffer (Kunst mit dem Schwerpunkt künstlerische Praxis)
Prof. Dr. Ulrich Heinen (Kunstgeschichte)
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Kathrin Lagatie
Praxisforschung gilt als wesentliches Element zeitgemäßer Lehrerbildung. Doch können Forschungsprojekte von Studierenden nur dann die Kohärenz von Fachlichkeit, Fachdidaktik und Erziehungswissenschaft unterstützen, wenn sie methodisch adäquate Zugriffe auf Unterrichtswirklichkeit erlauben. Hierzu sind Verfahren sogenannter evidenzbasierter Forschung nur bedingt geeignet. Pädagogische Praxis ist nicht durch empirische Forschungsergebnisse anleit- oder steuerbar. Sie ist kunstgerechtes menschliches Handeln in Verantwortung. Versteht man Pädagogik insofern als Kunstlehre [Link zum Projekt Historische Kunstlehre], so ergibt sich vielmehr die Aufgabe, fachliche Bildungsprozesse zu verstehen, also hermeneutisch aufzuschließen. Da Hermeneutik immer ein beteiligtes Subjekt voraussetzt, das sich nicht aus dem Verstehensprozess herausdefiniert, sondern darin reflektiert, können entsprechende Projekte wiederum selbst zur Bildung beitragen und eigenes Handeln begründen helfen. Ziel ist es also, praktische Erfahrung zu verstehen, um sich auf bessere Praxis verstehen zu lernen. Theorie ist dann Theorie einer reflektierten Praxis.
Im Fach Kunst betrifft dies den komplexen fachlichen Zusammenhang von künstlerisch-gestalterischer Arbeit, Kunstwissenschaft, Pädagogik und Kunstpädagogik. Zu untersuchen ist dieser Zusammenhang in doppelter Hinsicht, sowohl hinsichtlich der Lern- und Bildungsprozesse von Schülerinnen und Schülern wie der Studierenden selbst. Um kunstpraktische und kunstwissenschaftliche Bildungsprozesse bei Schülerinnen und Schülern anregen und didaktisch strukturieren zu können, müssen Studierende diese selbst verstanden haben. Dazu dienen Beobachtung und Reflexion eigener Erfahrung oder der von anderen, um zu begründen, wie etwa Zeichnen, Fotografieren oder Bildverstehen sinnvoll gelehrt werden kann. Davon ausgehend können dann auch Arbeits-, Lern- und Bildungsprozesse bei Schüler genauer untersucht werden, um entsprechende didaktische und fachmethodische Folgerungen ziehen zu können.
Konkrete Projekte der Studierenden können sich somit auf die Untersuchung und Erforschung sowohl eigener künstlerischer Praxis beziehen wie auf Prozesse der kunstpraktischen Gestaltung und Bildrezeption von Schülern im Kunstunterricht.
Exemplarische Beispiele:
- Werkprozesse bei Studierenden: Welche gestalterischen Entscheidungen trifft man beim Malen, Zeichnen oder Fotografieren? Wie verhalten sich Idee, Konzeption und Werkprozess zueinander? Wie verläuft ein Lern- und Entwicklungsprozess seit den frühen Kinderzeichnungen bis heute? Welche bildenden Erfahrungen sind an Kunstwerken zu machen? Usw.
- Werkprozesse bei Schülern: Wie treffen und begründen Schüler gestalterische Entscheidungen? Wie gehen sie mit Schwierigkeiten um? Wie hängen Aufgabenstellung und Werkprozess zusammen? Welche Rolle spielt die Interaktion von Schülern? Usw.
- Bildverstehen: Welches Verstehen und Nichtverstehen zeigt sich in sprachlichen und zeichnerischen Rezeptionsprozessen von Kindern und Jugendlichen? Welche didaktischen und methodischen Folgerungen lassen sich daraus ziehen?
- Gestaltungskriterien einzelner Gattungen: Was sind die bildenden und bildbaren Teilhandlungen etwa des Collagierens und was bedeutet dies für die Didaktik der Collage? Usw.
- Mimesis: Was sind und wie verlaufen produktive mimetische Prozesse im Zeichnen, Malen etc.? Welche Formen der Anregung und Anleitung des mimetischen Potenzials gibt es? Usw.
Die Projekte werden entweder in themenbezogenen Seminar oder im Rahmen von Forschungsprojekten und Abschlussarbeiten angeregt und durchgeführt. Entsprechende methodische Grundlagen werden in den Veranstaltungen erarbeitet sowie durch eine geplante Reihe von Gastvorträgen und/oder eine Tagung vertieft. Das Thema des Projekts baut auf umfangreiche Vorarbeiten des kunstpädagogischen Forschungsverbundes IMAGO auf, in dessen Nachwuchsförderung auch die entsprechende Promotion eingebunden ist.