Informatische Bildung für Lehramtsstudierende
Projektleitung
Prof. Dr. Ludger Humbert
Projektmitarbeiter
M.Ed. Daniel Losch
Zu den im Schulalltag von Lehrkräften zu organisierenden und zu gestaltenden Lehr- und Lernprozessen gehören Informatikmittel (z.B. Beamer, USB-Speicherstick, Kopierer), darunter auch Informatiksysteme (z.B. Laptops, Tablets, Smartboards). Damit halten – übrigens nicht erst seit der sogennanten »Digitalisierung« – Erzeugnisse aus der Informatik Einzug in den Unterricht. In allen Fächern. Bei allen Fachlehrerinnen und Fachlehrern. Darüberhinaus ist die Gestaltung der Lehr- und Lernprozesse beispielsweise durch die Erstellung von Materialien informatisch geprägt (vgl. Salamon(2015)).
Doch nicht allein die fachunabhängige Arbeitsweise wird von informatischer Seite her beeinflusst, sondern auch die fachspezifischen Lerngenstände oder -methoden: Die Photosynthese in Biologie, Gymnastik-Choreographien in Sport oder auch die historisch-kritische Exegese in Religion sind allesamt Beispiele, die sich als Algorithmen auffassen und darstellen lassen. Die Visualisierung in verschiedener Ausgestaltung (symbolisch, ikonisch, enaktiv)(vgl. Bruner(1974)) bietet den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, die fachspezifischen Sachverhalte über diverse Lernkanäle nachhaltig erarbeiten zu können. Die Fachlehrkräfte von morgen müssen als Expertinnen und Experten der didaktischen Aufbereitung ihrer Fachwissenschaft in der Lage sein, ihre Lerngenstände fachgerecht (Fachwissenschaft), motivierend (Fachdidaktik) und effizient (Informatik) zu gestalten.
Aus diesem Grund wird die Ringveranstaltung »Informatik im Alltag« (vgl. Müller,Frommer,Humbert(2012)) Studierenden angeboten, die keinen Informatikstudiengang belegt haben; dort entwickeln sie informatische Kompetenzen und werden dadurch mit der Weltsicht der Informatik vertraut. Diese Entwicklung vor den fachwissenschaftlichen Hintergründen der Studierenden (erstes und zweites Fach im kombinatorischen Bachelor of Arts) zu kontextualisieren, verspricht zum einen eine höhere Motivation; zum anderen ist eine nachhaltige Ausschärfung bereits entwickelter fachwissenschaftlicher Kompetenzen (im ersten und zweiten Fach) im Hinblick auf die (im bildungswissenschaftlichen Teil des Studiums) hinzugewonnene informatische Sichtweise möglich. Somit wird im Rahmen des Projektes die Ringveranstaltung um projektorientierte, praktische Übungen unter dem Titel »Was hat mein Fach mit Informatik zu tun? – Individualisierte Projektarbeit zur informatischen Aufarbeitung fachwissenschaftlicher Gegenstände« erweitert. Die Studierenden werden dazu angeregt, Gegenstände ihrer Fachwissenschaft anhand eigens entwickelter Fragestellungen aus informatische Perspektive aufzubereiten.
Sich mit den grundlegenden Ideen und Gegenständen informatischer Denk- und Arbeitsweise auseinanderzusetzen, bedeutet im Rahmen der Ringveranstaltung, Einblicke in folgende Bereiche der Informatik zu gewinnen:
- Geschichte der Informatik
- Codierung
- Recht und Internet
- Eingebettete Systeme
- technische Sichtweise
- Betriebssysteme
- Sicherheit: E-Mails, Passwörter, Verschlüsselung
- Datenbanken und Suchmaschinen
- Grenzen der Informatik
Dabei werden die obigen Themen in den geplanten Übungen insbesondere unter den drei folgenden Aspekten betrachtet:
- drei Phänomenbereiche der Informatik (vgl.Humbert und Puhlmann(2004))
- mit Informatiksystemen (Bsp.: Smartphone)
- indirekte Beteiligung von Informatiksystemen (Bsp.: Verkehrsampel)
- ohne Informatiksysteme (Bsp.: Mensa-Besuch – wahrnehmen, entscheiden, anstellen)
- Modellierung und Implementierung
- Objektorientierung
- Algorithmen
- Datenstrukturen
- Bewusstsein für Informatik in eigener Fachwissenschaft
Literatur
Bruner, Jérôme Seymour. 1974. Entwurf einer Unterrichtstheorie. Düsseldorf: Pädagogischer Verlag Schwann.
Humbert, Ludger, und Hermann Puhlmann. 2004. „Essential Ingredients of Literacy in Informatics“. In Informatics and Student Assessment. Concepts of Empirical Research and Standardisation of Measurement in the Area of Didactics of Informatics, herausgegeben von Johannes Magenheim und Sigrid Schubert, 65–76.https://t1p.de/91a3a.
Müller, Dorothee. 2017. Der Berufswahlprozess von Informatiklehrkräften. Herausgegeben von Johannes Magenheim, Sigrid Schubert, und Andreas Schwill. Commentarii informaticae didacticae (CID) 11. Potsdam: Universiätsverlag Potsdam. https://t1p.de/szwp.
Müller, Dorothee, Andreas Frommer, und Ludger Humbert. 2012. „Informatik im Alltag – Durchblicken statt Rumklicken“. In Tagungsband der 5. Fachtagung zur Hochschuldidaktik Informatik – HDI 2012, 98–104. https://t1p.de/tz7e.
Salamon, Adrian (2015). »Digitales Unterrichtsmaterial im E-Learning. Konzeption aus informatikfachdidaktischer Perspektive«. Masterthesis. Wuppertal: Fachgebiet Didaktik der Informatik – Bergische Universität. url: https://uni-w.de/15k (besucht am 11. 06. 2016)
Schubert, Sigrid, und Andreas Schwill. 2003. Didaktik der Informatik. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.